Psychopathologie des sozialen Gehirns
Einer der vier Forschungsschwerpunkte der Abteilung Soziale Neurowissenschaft ist die Psychopathologie des sozialen Gehirns. Dieser Fokus der Abteilung wird von Dr. Philipp Kanske geleitet.
Um die Mechanismen zu verstehen, die beeinträchtigtem Sozialverhalten unterliegen, untersuchen wir Patienten mit affektiven und sozialen Defiziten, wie z. B. Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung, Alexithymie, Depression, narzisstischer Persönlichkeitsstörung und Borderline Persönlichkeitsstörung. Das Ziel hierbei ist, besser zu verstehen, welche Bausteine sozio-affektiver Kognition zu den beobachteten Defiziten führen.
Zu diesem Zweck untersuchen wir die Funktionsweise verschiedener Routen sozialer Kognition, die in unseren Studien an gesunden Erwachsenen identifiziert wurden. Zum Beispiel erforschen wir, ob Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung sowohl Probleme mit Empathie als auch mit kognitiver Perspektivübernahme haben. Unsere Untersuchungen weisen darauf hin, dass hier Defizite bei kognitiver Perspektivübernahme auftreten (d. h. Mentalisieren oder Theory of Mind), aber nur dann auch Defizite in Empathiefähigkeit vorliegen, wenn die Patienten zusätzlich alexithym sind. Wir erweitern unsere Untersuchungen nun auf andere psychische Störungen und versuchen außerdem die Bedingungen unter denen die Defizite auftreten genauer zu spezifizieren. Probleme bei kognitiver Perspektivübernahme, zum Beispiel, könnten Stress-abhängig sein, ein Zusammenhang, der möglicherweise durch Defizite in Emotionsregulationsfertigkeiten vermittelt wird.
Langfristig erhoffen wir uns, eine umfassende Testbatterie zu entwickeln, die die unterschiedlichen Defizite differenzierbar erheben kann. Von der vereinfachten Diagnose „gestörten Sozialverhaltens“ wäre dies eine wichtiger Schritt hin zu einem neurowissenschaftlich begründeten Modell komplexer Muster sozio-affektiver und -kognitiver Beeinträchtigungen.