Entwicklung sozialer Kognition
Erfolgreiche soziale Interaktion ist nicht etwas, was man von Geburt an kann, sondern es muss sich langsam entwickeln. Säuglinge und Kinder durchlaufen mehrere Entwicklungsstufen, um die Fähigkeiten zu erlernen, mit anderen mitzufühlen oder ihre Mitmenschen zu verstehen und dann entsprechend zu handeln.
Deshalb befasst sich ein weiterer Forschungsschwerpunkt der Abteilung, früher geleitet von Dr Nikolaus Steinbeis, mit der Entwicklung des menschlichen Sozialverhaltens. Wir interessieren uns hierbei insbesondere für die entwicklungsbedingten Veränderungen bei Kindern in den Fähigkeiten, die Perspektiven anderer Leute einzunehmen und wie sie ihre eigenen Gefühle sowie die von anderen verstehen und kontrollieren lernen. Unsere Forschung hat sich bislang stark damit befasst, die Entwicklungsmechanismen für die verschiedenen Routen, die der sozialen Kognition und den sozialen Emotionen zugrunde liegen, zu identifizieren. Auch die Entwicklung von sozialer Interaktion und sozialer Entscheidungsfindung war bislang ein wichtiger Bestandteil unserer Untersuchungen.
Zum Beispiel haben Kinderstudien zur sozialen und ökonomischen Entscheidungsfindung, die spieltheoretische Paradigmen verwendeten, gezeigt, dass gewisse Exekutivfunktionen und insbesondere die Impulskontrolle für ein reiferes Verhalten, d.h. fairer und geduldiger zu sein, wichtig sind. Wir konnten zeigen, dass diese Verhaltensveränderungen während der Kindheit mit einer Reifung von kortikalen Hirnstrukturen einhergehen, von denen bereits bekannt ist, dass sie sich spät entwickeln. Um solchen Fragen nachzugehen, verwenden wir eine Vielzahl von Methoden, wie der funktionellen und strukturellen Bildgebung und umfassende Verhaltenstests. Unsere Arbeit hat so wichtige Erkenntnisse zum Verständnis der Entwicklungsverläufe von sozialen Emotionen und sozialer Kognition bei Kindern ab 6 und älter geleistet und einige relevante neurokognitive Mechanismen identifiziert, die Kindern gestattet, adäquate soziale Entscheidungen zu treffen und mögliche Konflikte mit emotionalen Erfahrungen zu lösen.
Zukünftige Studien werden sich darauf konzentrieren, diese Erkenntnisse zu vertiefen, und wir werden sowohl jüngere Kinder als auch Jugendliche untersuchen. Studien mit jüngeren Kindern werden sich auf die kritischen Perioden konzentrieren, in welchen sich bestimmte soziale Fähigkeiten, wie z. B. Empathie, kognitive Perspektivübernahme und Impulskontrolle, ausbilden und wir untersuchen welche Gehirnstrukturen dabei eine Rolle spielen. Die Untersuchung der Entwicklung bei Teenagern wird uns andererseits erlauben, Studien mit Kindern und Erwachsenen zu überbrücken und zu sehen, ob Veränderungen in dieser Periode geradlinig oder ebenfalls nicht-linear verlaufen, was normalerweise bei der Gehirnentwicklung von Jugendlichen beobachtet wurde. Besonders diese letzte Frage bietet spannende Möglichkeiten für Interventionen, da diese Reorganisation im Gehirn eine erhöhte Plastizität bedeutet.